Strafe Gottes?

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Straft Gott durch Krankheit? Nein, auf keinen Fall, sagen aufgeklärte Christen heute. Wäre ja schlimm, wir glauben doch nicht an einen zornigen Gott, wir wissen doch, dass eine Pandemie von Viren hervorgerufen werden, die es halt so gibt, auf der Welt. Tatsächlich war es eine der ersten Reaktionen der großen Kirchen: Die Pandemie ist keine Strafe Gottes.

Ich finde das zu einfach. Haben Sie schon einmal jemanden bestraft, oder sind Sie bestraft worden? Wenn es gut geht, dann hat eine Strafe ein gutes Ziel. Wir scheuen oft schon vor dem Wort „Strafe“ zurück, sagen lieber „Grenzen setzen“, wenn wir Kinder meinen, oder „Ordnungsmaßnahme“ oder so. Strafen sind aber wichtig, weil sie Grenzen setzen. Und wenn sie gut sind, dann bringen sie zum Nachdenken oder Umdenken. Buße heißt übrigens: Umdenken.

„Gute Strafen“ sind Konsequenzen. Sie werden nicht künstlich, zusätzlich aufgebrummt, sondern sie ergeben sich aus der Tat. Sie folgen daraus. Wenn wir etwas Dummes gemacht haben und bekommen dafür gleich die Quittung, sagen wir gern: Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott zuerst.

Ist Corona eine Strafe Gottes? Die Pandemie bringt uns zum Umdenken, hoffentlich! Und sie bremst uns. Sie zeigt uns die Grenzen unseres Lebens, die Grenzen der Globalisierung. Keiner weiß, wo der Keim herkommt – aber die Theorien, die es dazu gibt, haben mit Leichtsinn und Lüge zu tun. Die schnelle Verbreitung des Keims ist eine Frucht unseres globalisierten Lebensstils, mit dem wir die Erde zerstören.

In früheren Zeiten hat man Krankheiten als Strafe Gottes gesehen und daraus geschlossen, die Strafe geduldig zu ertragen. Das würde bedeuten, dass jegliche Bemühung, die Pandemie einzudämmen gottlos wäre. Ein fataler Fehlschluss.

Aber zu sagen: Corona ist keine Strafe und darum denken wir überhaupt nicht darüber nach, was wir daraus lernen können – das wäre für mich von der anderen Seite vom Pferd gefallen. Wenn sich der Staub gesetzt hat, sieht man auf den Grund. So ist es in den Kanälen von Venedig, so sollte es auch in unserem Leben sein.

Bleiben Sie gesund!

Ihr Pfarrer Otto Guggemos